Verkehrssicherungspflichten, Haftungsprävention und Zertifizierung im Kontext Badeseen und öffentliche Gewässer
Die Arbeitsgruppe für Badegewässersicherheit am IZG Institut, beschäftigt sich mit anwendungsorientierter Forschung zu richtungsweisenden Verkehrssicherungspflichten und Sicherheitskonzepten an Badegewässern und sonstigen öffentlichen Gewässern.
Im Rahmen unserer Arbeit und auf Basis unseres Erfahrungsschatzes bieten wir Kommunen Hilfestellung und Unterstützung bei der Umsetzung, Prüfung, Dokumentation und periodischen Pflege ihrer individuellen Verkehrssicherungsmaßnahmen an.
Darüberhinaus bieten wir Kommunen die Zertifizierung Ihrer Gewässer an.
Alle unsere Programme und Dienstleistungen wurden vor dem Hintergund der einer möglichst sinnvollen und nachhaltigen Gefahrenabwehr, wie auch einer möglichen Haftungsinanspruchnahme der Akteure bzw. Verantwortlichen vor Ort entwickelt.
Durch unsere Arbeit unterstützen wir in erster Linie Kommunen welche sich der komplexen Herausforderung stellen, ihre Naturbadegewässer im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflichten und im Interesse der Bevölkerung sicherer zu gestalten.
Unsere Expertise liegt in der grundsätzlichen Analyse und in der Folge effizienten Implementierung von Maßnahmen zur Absicherung von Gewässern im Kontext Unfälle an Badegewässern. Wir haben langjährige Erfahrung in diesem Segment und können (Gewässer-)Grundstückseigentümern bei der Umsetzung geeigneter Lösungen unterstützen. Unsere Stärke liegt in der Fähigkeit, komplexe Anforderungen zu verstehen und in zielführende Lösungen umzusetzen.
Unsere Erfahrungen aus über 260 Projekten zur Absicherung an Küsten- und Binnengewässern (im Rahmen von Kooperationen z.B. mit der Steiger Stiftung, der DLRG oder auch Wasserwacht) bilden die Grundlage für unsere Fähigkeit, effektive Lösungen zu entwickeln. Durch jahrelange Praxis haben wir tiefes Verständnis für die Herausforderungen auf dem Gebiet der Verkehrssicherungspflichten an natürlichen Badegewässern.
Diese Erfahrungen haben uns geholfen, ein breites Spektrum an Fähigkeiten und Kompetenzen aufzubauen, die uns ermöglichen, Probleme schnell und effizient zu lösen und den Rezipienten in Maßnahmenkatalogen zu kommunizieren oder weiterführend in Zertifizierungen umzusetzen.
Wir verstehen, dass jedes Gewässer unter anderen Gesichtspunkten betrachtet werden muss und somit einzigartige Anforderungen stellt. Unsere Erfahrung helfen uns, individuelle Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse vor Ort abgestimmt sind. Wir sind stolz darauf, dass unsere Kombination aus Erfahrung und Know-how es uns ermöglicht, erstklassige Leistungen zu liefern und unseren Partnern und Kunden einen echten Mehrwert bieten zu können.
HintergründeDie Frage, inwieweit Kommunalverwaltungen für den Badebetrieb an öffentlichen natürlichen Gewässern Verantwortung tragen, sorgte in den letzten Jahren für erhebliche Unruhe und Unsicherheit bei den agierenden Personen.
Hintergrund ist u.a. das Urteil des BGH (vom 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16), das diesbezüglich grundlegende Festlegungen traf. Hinzu kamen Urteile unterer Instanzen, die zusätzliche Verunsicherung auslösten und sogar den Bürgermeister bzw. handelnde Personen persönlich – zivil- und strafrechtlich – zur Verantwortung zogen. Ziel jeglicher Maßnahmen muss demnach nicht nur die Vermeidung von Unfällen, sondern auch eine Freistellung von Organen und Mitarbeiter der Gemeinde in Bezug auf eine mögliche Haftungsinanspruchnahme wegen eines Unfalls sein.
Zur Absicherung der Kommune und somit auch der Verantwortlichen, ist – nach herrschender Meinung – eine umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Thema unabdingbar. Hierzu gehört, schon alleine zum Zwecke des Nachweises, eine nachhaltige Dokumentation und fortlaufende Überprüfung. Mit diesen Instrumenten kann gegebenenfalls nachgewiesen werden, dass die Gemeinde sich ihrer Verantwortung bewusst war und ist, alle Möglichkeiten für die Sicherheit des Betriebs analysiert und notwendige bzw. anwendbare Maßnahmen ergriffen wurden. In der Folge ist eine Haftung der Gemeinde, ihrer Organe und Mitarbeiter aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigem Handeln sehr unwahrscheinlich.
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass man sich – mangels definierter Vorschriften – in der Bewertung von Maßnahmen und Vorkehrungen in weiten Bereichen auf Ebene einer Einschätzung befindet. Deshalb ist nicht vollumfänglich auszuschließen, dass ein Vorfall dennoch vor Gericht kommt und im Extremfall gegen die Gemeinde entschieden wird. Ein Konzept mit zugehöriger Dokumentation ist jedoch ein starkes Indiz dafür, dass die Gemeinde die notwendige Sorgfalt walten ließ, ein grob fahrlässiges Handeln nicht vorliegen und eine Haftungsinanspruchnahme abgewendet werden kann.
Zunächst sollte die konkrete Situation an der Badegelegenheit dargestellt und analysiert werden, um die konkret nötigen Maßnahmen daraus zu erarbeiten. Im Schritt zwei wird ein Katalog erstellt, der die einmalig oder periodisch zu treffenden Maßnahmen darstellt. Darüberhinaus sollten Prüfberichte erstellt und alle Überlegungen, Analysen und Maßnahmen professionell dokumentiert und archiviert werden. Weiter empfehlen wir eine jährliche Neubewertung bzw. Überprüfung der getroffenen Maßnahmen.
Um den Kommunen bzw. den handelnden Personen sinnvolle Hilfestellung geben zu können, haben wir zwei Handlungspakete erarbeitet.
Auf bereits bestehende Gutachten und Sicherheitskonzepte können wir, falls diese nicht älter als zwei Jahre sind, aufbauen. Diese sind gegebenenfalls ein starkes Indiz dafür, dass die Verantwortlichen die notwendige Sorgfalt zum Zeitpunkt der Erstellung walten ließen, ein grob fahrlässiges Handeln nicht vorlag.
Ähnlich wie bei einer routinemäßigen Überprüfung der Sicherheit von Fahrzeugen, sind Sicherheitskonzepte und Gutachten jedoch eine Momentaufnahmen und sollten regelmäßig überprüft und angepasst werden. Nur so kann die Sicherheit bestmöglich gewährleistet und Haftungsansprüche soweit wie möglich ausgeschlossen werden.
Die Björn Steiger Stiftung stellt seit dem Jahr 2019 moderne Notrufmelder innerhalb der Initiative “Notrufsäulen an Küsten- und Binnengewässern” auf.
Zusammen mit den Verantwortlichen werten wir deshalb aktuell die Auswirkungen von 390 – an Badegewässern installierten – Notrufsäulen im Kontext Verkehrssicherungspflichten und Sicherheitskonzepte aus.
2017 hat der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16) die Pflichten einer Badeaufsicht konkretisiert und eine Beweislastumkehr bestimmt:
„Die Schwimmaufsicht ist verpflichtet, den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser zu beobachten und mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin zu überwachen, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten.“ „Die Badeaufsicht hat nicht die Verpflichtung zur lückenlosen Beobachtung eines jeden Schwimmers. Es kann und muss im Schwimmbadbetrieb nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden, da eine Sicherheit, die jeden Gefährdungsfall ausschließt, nicht erreichbar ist.“
„Wer eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren, grob vernachlässigt hat, muss die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen.“
Eine qualifizierte Badeaufsicht an Badeseen fordert der BGH im Urteil übrigens nicht ausdrücklich.
Die Verkehrssicherungspflicht besagt:
Wer ein Grundstück zur öffentlichen Nutzung
zur Verfügung stellt, ist verpflichtet, für die Sicherheit der Benutzung Sorge zu tragen.
Badestelle |
Eine Badestelle ist eine für Badezwecke geeignete Fläche eines Badegewässers.
Naturbad |
Ein Naturbad ist eine eindeutig begrenzte Anlage, die aus einer für Badezwecke geeigneten und gekennzeichneten Fläche eines Badegewässers sowie einer abgegrenzten Landfläche besteht. Es ist mit bädertypischen Ausbauten wie Sprunganlage oder Wasserrutsche versehen. Zu den Naturbädern gehören z. B. Fluss- oder Binnenseebäder. Der Begriff Naturbad ist praxisnah aber nicht rechtlich festgelegt.
Die Verkehrsicherungspflicht beinhaltet dabei u.a., so die einschlägige Rechtssprechung:
a) die Prüfung der Badetauglichkeit und
b) der Wasserqualität des Gewässers,
c) die Kontrolle des Gewässergrunds,
d) im Falle von Sprungeinrichtungen die Gewährleistung einer ausreichenden Wassertiefe,
e) die Bereitstellung einer Badeaufsicht
f) die Wartung von Stegeablagen etc.
g) und die Kontrolle des umliegenden Baumbestands.
In einem Sicherheitskonzept prüft die Gemeinde, am besten in Zusammenarbeit mit kompetenten Dienstleistern, sorgfältig die möglichen Risiken einer konkreten Badestelle. Die Ergebnisse werden dokumentiert. So lässt sich später bei Bedarf nachvollziehen, dass die Entscheidungsträger verantwortungsbewusst gehandelt haben.
Zusätzlich wird empfohlen, die Wirksamkeit der Sicherheitsmaßnahmen stichprobenartig zu überprüfen. Enthält ein Hinweisschild z.B. die Warnung „Hier nicht ins Wasser springen“, aber Badegäste handeln dem laufend zuwider, so ist die Maßnahme offenbar nicht ausreichend wirksam. Es sollten daher andere Maßnahmen zur Sicherung ergriffen werden.
Maßnahmen ohne qualifizierte Badeaufsicht